Kastanien Königin



Frische Winde und ewige Feuchtigkeit machen den Herbst zu einem ungeliebten Gast, denn trotz seiner vereinzelt schönen Tage bringt er ein ungemütliches Grausen mit sich. Und die Baumkronen entflammen in einem stummen Feuer der Farben. Zeit der Kastanien. Gerade zum Wochenende hin zieht es die Menschen zum Spazieren durch Alleen und Wälder nach draußen. Sie sammeln mit Vorliebe, aus teilweise unerfindlichen Gründen, die aus den stachligen grünen Kugeln rollenden braunen Kerne. Mit voll gestopften Taschen wanken sie nach Hause und ahnen nicht in welche Gefahr sie sich begeben. Die Kastanien, die zum Basteln und Sonstigem dienen sollen, sind nichts weiter als Räuber des Frohsinns, die den Menschen durch Teleabsorbtion das Glück stehlen. Die Königin der Kastanien ist ein garstiges Weib, welche aus Wut auf die Menschheit kein Glück mehr empfinden kann. Mit mit schäumendem Gier schlingt sie es aus der Verzweiflung ihres verkümmerten Herzens hinunter. Hat sie einen Menschen ausfindig gemacht, der besonders viel Glück auszustrahlen scheint, begibt sie sich direkt vor Ort und extrahiert es auf dubiose Weise bis zum letzten Zug aus dem dann geschwächten Körper, was so manche Grippe oder Depression zu dieser Jahreszeit erklären mag. Leise und ganz still schwebt sie nach ihrer Tat zurück in die Tiefen der Wälder und hinterlässt einen kaltblütigen Frost.

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